Daten Competence Center e.V.: „Die Zukunft hat längst begonnen“




Daten Competence Center e.V.: „Die Zukunft hat längst begonnen“














DCC-Geschäftsführer Dr. Olaf Plümer. Photo: DCC



Die DCC-Fachbeiräte Kitchen/Bath sowie Living beraten in getrennten Sitzungen über die nächsten Kraftanstrengungen: Insgesamt rund 70 Vertreter aus Möbelindustrie und -handel, Software- Dienstleister sowie Gäste aus Verbundgruppen trafen sich am 23. und 24. April beim Daten Competence Center e.V. (Herford), um über die zahlreichen und umfangreichen Herausforderungen in den nächsten Jahren für die digitale Transformation der Möbelbranche zu beraten.


Allein die aus dem Wachstumschancengesetz oder der Europäischen Ökodesign-Verordnung ESPR abzuleitenden rechtsverbindlichen Konsequenzen mit ihren jeweils knappen Umsetzungsrahmen werden auch bei den ‚Möblern‘ umfangreiche Kapazitäten binden und oftmals zu kaum abschätzbaren Kraftakten. Sicher ist indes eines, so der Konsens auf den Beiratssitzungen: Ohne effizientes, intelligentes Daten-Handling und innovative neue Daten-Managementtools sind diese Herausforderungen nicht zu stemmen.


Damit werden auch die Aufgaben des DCC wesentlich erweitert: das Engagement beim Digitalindex, beim Konsortium Furniture-X, dem FXM Think Tank, beim Digitalen Produktpass (DPP), der automatisierten Produktklassifikation oder sofort abrufbaren 3D-Darstellungen auf Bauteilebene mögen hierzu als Stichworte genügen. Entsprechend mit Referaten und Diskussionen gefüllt waren dann beide Sitzungstage.


DCC-Geschäftsführer Dr. Olaf Plümer eröffnete beide Veranstaltungen mit den üblichen Formalien und seinem Geschäftsbericht. Dabei überraschte die Fachbeiräte das außergewöhnliche Interesse am Daten Competence Center auf Medienseite – was für die herausragende Position dieser neutralen Organisation und die dort geleistete Arbeit spricht, aber auch den deutlichen Informations- und Handlungsbedarf bei der Digitalisierung in der Möbelbranche offenbart.


In weiteren Worten leitete Dr. Plümer zum hochkomplexen Digitalen Produktpass über, bei dem zumindest die Umsetzungstermine feststehen und die Arbeit in verschiedenen Gremien auf europäischer, deutscher sowie Branchenebene organisiert ist. Die Möbelbranche mit ihren konfigurierbaren Produkten zumeist in Losgröße 1 wird zu den Pionieren des DPP-Einsatzes und der ESPR-Umsetzung gehören – was einerseits herausfordernd, mit Blick auf Kreislaufwirtschaft, Product Carbon Footprint (PCF) und dem Recht auf Reparaturen andererseits jedoch zu wettbewerbsfördernden Alleinstellungsmerkmalen führen wird.


Auf der Sitzung des Fachbeirats Kitchen/Bath war das Thema „3D“ für Küchen ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt. Ekkehard Beier (Intelligentgraphics), Werner Herrmann (UBWH) und Dr. Lutz Holtmann (Cyncly) informierten zum jüngsten DCC-Workshop 3D, zu kommenden Anforderungen an 3D-Daten mit Blick auf das Format IFC sowie zur ‚Digital Twin Platform for Living Spaces‘.


Während Beier den spezifischen Umgang mit 3D bei Küche mittels sogenannter „Grey Spaces“ behandelte, legte Herrmann anschließend ‚den Finger in die Wunde‘ hinsichtlich des nach wie vor weit verbreiteten, aber schon seit 2006 bestehenden Formats Edigraph. Mit Blick sowohl auf Internationalität, Digitale Zwillinge und kollaborativem Arbeiten als auch auf neue, über Architekten zu erschließenden Märkte regte er die sukzessive Datenanlage bzw. -überführung in das BIM-spezifische Format IFC an.


Dr. Holtmann griff die Dynamik neuer Anforderungen an Daten auf und berichtete über die Cyncly ‚Cloud Platform‘ für webbasiertes Contentmanagement, die in Kürze auch für IDM, Eclass- oder BIN/IFC-Daten zur Verfügung stehen soll. Diese Plattform verfolgt einen weltweiten Ansatz, ist neben Polstermöbeln auch für Küchen bzw. Kastenmöbel ausgelegt und ermöglicht die modulare Ablage, Organisation sowie Nutzung von modular aufgebauten, sprich Bauteil-bezogenen 3D-Daten im Datenraum bzw. dem ‚Content Studio‘. Dabei stehen nicht nur Möbeldesign, Produktion und Verkauf im Fokus, sondern vor allem die wichtige Costumer Journey.


„Unsere ‚Content Platform‘ führt bestehende Katalogdaten zusammen, integriert kommerzielle und grafische Produktdaten, standardisiert und klassifiziert Daten auf Basis von Templates und bildet die Komplexität konfigurierbarer Produkte mit Hilfe von wiederverwendeter Baugruppen ab“, so Dr. Holtmann in seinem Beitrag. Und stellt klar: „Diese Strukturen werden geeignet sein, um auch zukünftig notwendig werdende Daten zur Aufbereitung von DPP-Informationen aufnehmen zu können.“


Am zweiten Veranstaltungstag beeindruckten Stefan Wilms (Morphe*) und Carl Philipp Bickmeier (Diomex) die Mitglieder des Fachbeirats Living. Wilms informierte nach einem Rückblick auf die Arbeit 2023 über die jetzigen Abstimmungen mit den die Eclass-Fachgruppe Möbel (50) tangierenden FG Bau (Holzwerkstoffe), Befestigungsmittel (Beschläge), Büromöbel, Elektrotechnik (Beleuchtung) sowie Hauswirtschaft (Haushaltgeräte).


Mit einer überaus erfreulichen Arbeitserleichterung überraschte danach Carl P. Bickmeier: der automatisierten Daten-Klassifikation für Möbel. Der in seinem Haus entwickelte ‚Auto Classifyer‘ übernimmt tägliche Routinearbeiten und weist – nach einmaliger Anlage von Regeln – aus Herstellerkatalogen (IDM) verschiedene Attribute in Xcalibur ohne weiteres händisches Zutun Merkmalen und Produkten zu. Das Roll-Out ist mit dem nächsten Eclass-Release geplant.


Abschließend begeisterte Stephanie Müller von GS1 mit dem neuen, offenen Standard für digitale Lieferscheine ‚Cloud4Log‘ ihre Zuhörer. Die 2019 geborene Projektidee wurde online 2023 „scharf“ geschaltet und wird derzeit von rund 70 Unternehmen aus den Segmenten Herstellung, Spedition und Handel genutzt. Das auf B2B ausgelegte Tool versteht sich als „Dropbox für die Logistik“ und wickelt die Lieferungsdokumentation komplett digital via PDF, QR-Codes sowie maschinenlesbare XML-Anhänge über Endgeräte mit oder ohne API-Schnittstellen ab. Der Fachbeirat empfahl zu Tagungsende nach nur kurzer Diskussion, eine Möbel-spezifische Projektgruppe ins Leben zu rufen, die kostenoptimierte Umsetzung dieses Angebots im DCC zu prüfen und bei positiven Signalen branchenweit zu nutzen.




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