Euler Hermes: Insolvenzen im Einzelhandel um zwei Drittel gestiegen

Eine Grafik zu den globalen Einzelhandelsrisiken im 1. Quartal 2017. Quelle: Euler Hermes






Laut einer aktuellen Studie des Kreditversicherers Euler Hermes (Hamburg) leiden traditionelle Einzelhändler weltweit unter Preiskriegen und stehen unter großem Modernisierungsdruck. Entscheidende Kriterien für eine erfolgreiche Zukunft liegen demnach in einem breit aufgestellten All-Kanal-Vertrieb, einer effizienten Internet-Präsenz und in der Mobilität.
Euler Hermes hat in der Studie „Retail, Disrupted – Pressure and Potential in the Digital Age“ die weltweiten Auswirkungen der Digitalisierung und die veränderte Konsumnachfrage auf den Einzelhandel untersucht. Danach ist die Insolvenzquote in diesem Sektor 2016 weltweit um zwei Drittel gestiegen.
Der nominale Einzelhandelsumsatz ist in der letzten Dekade weltweit um 4,8% pro Jahr gestiegen. 2016 lag der Umsatzanteil des Onlinehandels bei etwa 9%. In den kommenden drei Jahren dürfte die Quote auf 15% weiter deutlich ansteigen. Das lässt die Angebots- und Nachfrageentwicklung erwarten, die durch das geänderte Kaufverhalten der sogenannten „Digital Natives“ sowie neuer elektronischer Plattformen unterstützt wird. Damit wird das System empfindlich gestört und neu definiert.
Preiskriege haben laut der Studie die finanzielle Lage vieler traditioneller Einzelhändler extrem strapaziert. Viele hätten den Digitalisierungsaspekt unterschätzt und hinkten nun den Kundenerwartungen hinterher. Als Folge ist die Profitabilität weltweit von 8% im Jahr 2011 auf 5,7% im vergangenen Jahr gesunken. Große Einzelhändler mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen USD haben 2016 mit einem Insolvenzanstieg von weltweit mehr als 66% einen stolzen Preis im Zuge dieser Entwicklung bezahlt.
„Einkäufe nach Feierabend oder an Sonntagen finden immer häufiger vor dem Computer statt. Damit offenbaren sich Nachteile der gesetzlich geregelten Öffnungszeiten der Kaufhäuser gegenüber Rund-um-die-Uhr zugänglichen Onlineshops immer deutlicher. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs: Der Einzelhandel sollten im Ganzen überdacht und traditionelle Aufteilungen zugunsten eines übergreifenden Kundenerlebnisses on- und offline aufgehoben werden,“ heißt es in der Studie.
Speziell in Deutschland haben Einzelhändler innerhalb von fünf Jahren bis 2016 einen dramatischen Rückgang der Profitabilität von 7% auf nur noch knapp 3% erlitten. Mit der Rückkehr der Inflation und einem verlangsamten Konsum-Wachstum dürfte sich der Gegenwind noch verschärfen. Während Discounter und reine Online-Händler in diesem Umfeld gut positioniert sind, stehen vor allem Einzelhändler in der Mode- und Elektronik-Branche vor großen Herausforderungen.
Um der drohenden finanziellen Schieflage vorzubeugen, sind viele Unternehmen vergangenes Jahr auf Einkaufstour gegangen. Rund 2 Billionen USD haben Einzelhändler 2016 in Technologie-Firmen investiert. Das entspricht einem Vielfachen der Summe von 148 Milliarden USD, die 2014 für spezielle Technik-Expertise ausgegeben wurde.
Der Einzelhandel steht demnach vor einem entscheidenden Umbruch, viele alteingesessene Anbieter müssten ihr gesamtes Geschäftsmodell überdenken. Euler Hermes hat drei zentrale Herausforderungen für den Einzelhandel in den kommenden Jahren identifiziert:
- Ein All-Kanal-Vertrieb, der es Kunden jederzeit ermöglicht, grenzenlos online, telefonisch oder in einen physischen Laden einzukaufen.
- Ein Internet-Auftritt, der aufgrund der signifikanten Kosten eine Hürde für Einzelhändler ohne Wachstumshebel sein kann, um gleichzeitig den Preisdruck auszugleichen.
- Die Gestaltung einer „mobilen Kundenreise“ durch die Digitalisierung des Angebots und die Nutzung des Internets der Dinge (Internet of Things).
Es gäbe nur die eine Wahl für Einzelhandelsunternehmen, sich anzupassen, bilanziert die Studie. Die Alternative sei die Schließung.






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